Despotist:
Wieso ist es eine Strafe etwas weniger zu verdienen? Ist es nicht eine Belohnung etwas mehr zu verdienen? Eine Belohnung nicht zu bekommen ist also gleich einer Strafe für dich?
Ja, für gute Leistungen als Belohnung nichts zu bekommen, ist eine Bestrafung. Für gute Leistungen gut bezahlt zu werden, halte ich für gerecht, für gute Leistungen nicht gut bezahlt zu werden hingegen für ungerecht.
Klar. Aber wenn ich nicht bereit dazu bin? Stell dir vor um wie viel billiger die Produkte und Dienstleistungen (Autos, Telekommunikation) sein könnten wenn nicht der Verbraucher die horrenden Gehälter mitbezahlen müsste.
Du bist der Konsument, wenn du nicht bereit bist die Millionen eines Herrn Wiedeking mit zu finanzieren, dann kaufst du dir keinen Porsche. Das ist eine Entscheidung, die du für dich selbst treffen kannst. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass sich niedrige Lohnkosten für Manager nicht in niedrigeren Preisen niederschlagen würden, sondern in höheren Divididenden.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen dass ein Mensch so viel besser sein soll als mehrere andere.
Dann kann ich dir nur viele lehrreiche Erfahrungen in der Wirtschaft empfehlen. Dazu musst du dir jedoch gar nicht das Management angucken, sondern kannst dir Programmierer-Kollegen angucken. Zwischen einem schwachen und einem hervorragenden Software-Entwickler gibt es Produktivitätsunterschiede von bis zu Faktor 15, je nach Komplexität der Aufgabe. Bei solchen Diskussionen denke ich immer an ein kleines Unternehmen, welches Compiler-Frontends für C und C++ entwickelt. Die Firma hat insgesamt 4 Entwickler, das Produkt ist herausragend und deren Frontend findest du in sehr vielen kommerziellen Compilern. Microsoft gehört allerdings nicht dazu. Weiss zufällig jemand, wie groß das Entwicklern-Team ist, welches Microsoft über viele Jahre hinweg eingesetzt hat, um für Visual C++ ein entsprechendes Backend zu entwickeln?
Du kannst bei der Arbeit am Fliessband die Personen nach Belieben austauschen und wirst keine riesigen Unterschiede in der Produktivität feststellen können. Sobald du dich aber auf eine Ebene begibst, in der du auf Experten angewiesen bist, ändert sich das schnell.
Deswegen fordere ich ja dass die Arbeit die da ist gleichmässig auf alle aufgeteilt wird.
Oh ja, das ist eine exzellente Idee, der nächste Schritt in Richtung Sozialismus. Um mal aus meiner Perspektive zu sprechen: Wir haben genügend Arbeit und wir haben auch offene Stellen. Nur finden wir nicht die Leute, mit denen wir die offenen Stellen gerne besetzen würden, weil es viel zu wenig gute Leute gibt, um die sich natürlich geprügelt wird. Ich kann jetzt jemanden einstellen, von dem ich heute schon weiß, dass das Ganze nicht gut enden kann. Das einzige, was ich davon habe, ist dass es Zeit und Geld kostet und - wenn überhaupt - einen minimalen Produktivitätszuwachs bringt.
"Es ist eben so, dass im Kapitalismus die Gewinne privat aber die Verluste von der Allgemeinheit zu tragen sind." Das ist ein Zitat aus einem Blatt was hier ab und zu im Briefkasten landet (Vaihingen Vor-Ort) aber wo ich den Autor gerade nicht zur Hand habe.
Alleine die Tatsache, dass sich der Autor des Begriffs
Kapitalismus bedient, drückt schon genügend über diese Quelle aus.
Als ich die Sendung sah ahnte ich ja nicht dass ich einen Monat später darauf festgenagelt werde. Mir fiel nur der Zusammenhang ein und ich dachte es passt hierher. Da ich die Quelle genannt habe steht es jedem frei danach selbst zu recherchieren. Mein Gehirn ist schließlich auch nicht mehr das jüngste.
Es gab in der jüngsten Zeit in den Wirtschaftsnachrichten kaum ein Thema, welches häufiger genannt wurde.
Also wieder ein virtueller Wert der nur existiert weil irgendjemand (der das Geld flüssig haben muss oder per Kredit) diesen zu zahlen bereit wäre. Aber der Wert existiert nur wenn sojemand wirklich Interesse an einem Verkauf hat.
Nein, genau andersherum. Der Wert existiert nur, falls jemand wirklich Interesse an einem Kauf hat.
Wenn man es nicht verkaufen will kann man sowas nicht als Vermögen zählen.
Warum nicht? Angenommen ich hätte 100 Einfamilienhäuser, die ich vermiete, jedoch nicht verkaufen möchte? Ist das dann auch kein Vermögen. Wenn ich mich recht entsinne, wird bei der Feststellung der Vermögensmillionäre hierzulande alles abgesehen von der selbstbewohnten Immobilie als Vermögen veranschlagt.
Also wenn ich ein Unternehmen wäre das an die Börse geht würde ich es so machen: Aktien überbewerten lassen.
Ok, dumme Frage, aber wie lässt man Aktien überbewerten?
Ich sehe den Sinn für die Firma nicht ganz wenn sie Aktien billig verkauft und der Wert danach gewaltig steigt und sie auch noch Dividende ausschütten müssen.
Der Sinn ist ein ganz einfacher: Ein Börsengang spült in Form ein Kapitalerhöhung Gelder in die Kassen, welche aus verschiedensten Gründen benötigt werden könnten. Das basiert auf der Annahme, dass sich meine Geschäfte aufgrund des neuen Kapitals besser entwickeln. Die Annahme, dass man Aktien billig verkauft, wäre aus Anlegersicht zwar schön, funktioniert nur eben nicht.
Häufig hängen die Anstiege in der Marktkapitalisierung bei den Unternehmen eben mit dem Börsengang zusammen. Wenn ich etwa 50% meiner Firmenanteile bei einem Börsengang abgebe und die Firma durch eine Kapitalerhöhung einen gleich großen Konkurrenten übernehmen kann und durch Synergien in Verwaltung, Produktion oder wo auch immer die Umsatzrendite erhöht, dann entfällt auf die 50%, die ich noch halte, ein größerer Gewinn als auf meine 100% vor dem Börsengang.
Das nützt natürlich nur denen die selbst Anteile haben was meines Wissens oft Manager sind. Vielleicht treiben die nur den Preis hoch damit sie nach ihrer Zeit die ordentlich verkaufen können.
Wie treibst du den Preis hoch? Klar, es gibt da unerfindliche Wege, wie unsere Freunde von Enron und Worldcom unter Beweis gestellt haben, aber auf legalem Wege? Für das Management gibt es nur ein kleines Zeitfenster, während dessen eigene Anteile am Unternehmen verkauft werden können. Da gibt es strikte Regeln um Insider-Geschäfte zu vermeiden, etwa einen bestimmten Zeitraum um die Bekanntgabe der Quartalszahlen herum.
Es scheint sehr viele Verfechter des Kapitalismus zu geben.
Nein, es geht um eine soziale Marktwirtschaft, wenn man sich mal die Denkweise von Ludwig Erhard anschaut.
Wenn ich das richtig sehe hauptsächlich aus Effektivitätsgründen.
Nein, aus ganz einfachen Motivationsgründen: Ich will keine Arbeit haben, weil es irgendein Gesetz gibt, welches mir diesen und jenen Job zuweist. Ich habe einen Job, an dem ich Spaß habe. Aber dass ich diesen Job habe, liegt an dem was ich in meine Ausbildung und meine Fähigkeiten an Zeit und Mühe investiert habe. Ich bin an einer Uni beschäftigt und mir ist es ein Graus, dass dort einheitlich nach Berufserfahrung und irgendwelchen Merkmalen bezahlt wird. Du hast ein Kind? Dann verdienst du gleich etwas mehr. Oh, du bist schon zwei Jahre hier, auch wenn du noch nichts auf die Reihe bekommen hast und jede Woche zwei Tage krank feierst? Hier ist dein Gehaltsscheck.
Dieses System hat nichts mit dem was ich als "menschliche Werte" bezeichnen würde zu tun. Es ist einfach das (Faust)Recht des (wirtschaftlich) stärkeren. Wenn ich sehe wie sich arrogante Menschen Mode für tausende Euro anschauen und ein Familienvater seine Familie nicht ernähren kann kommt mir einfach nur das Kotzen.
Oh, dieses hübsche Bild: Die arroganten Reichen und die hiflosen ausgebeuteten Armen. Bei den Menschen in meinem entfernten Bekanntenkreis, die es nicht schaffen über die Runden zu kommen, kann ich nur sagen dass es selbst verschuldet war. Ich kenne keinen, der es ernsthaft versucht hat und nicht über die Runden kommt. Andersherum schon. Haben so einen schönen Fall in der Familie, ist ein stinkfaules Schwein und immer der erste, der rumlamentiert wenn es um die Ungerechtigkeit dieser Welt geht. Der Arbeitgeber hätte ja schließlich auch Rücksicht auf seine Schlafgewohnheiten nehmen können, als er die Uhrzeiten für Schichtbeginn festgelegt hat.
Dieses System hat nichts mit dem was ich als "menschliche Werte" bezeichnen würde zu tun.
Stimmt, das hat es nicht. Jeder ist sich selbst der Nächste, ob man das jetzt gut findet oder nicht. Das ist aber keine Entwicklung, die nur einseitig von einem Teil der Gesellschaft ausgeht. Das
Prekariat ist ja so ein schönes Modewort. Wenn ich zum Einkauf durch die Stadt gehe, begegnen mir Unmengen von Mitbürgern, die trotz deutscher Herkunft eine andere Sprache sprechen als ich. Mitbürger, mit denen ich nichts gemein habe, mit denen mich nichts verbindet als der Wohnort. Ich gehe ihnen aus dem Weg und wenn ich Glück habe halten diese Personen das genauso.
Was soll ich da empfinden? Ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl? Wir sind das Volk? Die Menschen leben ihr Leben, ich lebe meins. Ich zahle meine Steuern, zahle den Soli und dann ist gut, das ist schon die Schnittmenge. Und damit kann ich sehr gut leben.
Und die Gier und Maßlosigkeit werfe ich den Reichen vor.
Den Reichen als Stereotypen gibt es nicht. Es gibt ganz vernünftige Menschen und es gibt riesige Arschlöcher, wie in jeder anderen Gesellschaftsschicht auch. Genauso könnte ich jetzt daherkommen und allen Armen Faulheit vorwerfen, was genauso daneben wäre.
Wenn ich ein paar Millionen hätte und mir für den Rest meines Lebens ein "normales" Leben leisten könnte warum sollte ich dann noch weiter machen und immer mehr scheffeln?
Das du das so siehst ist ja schön und gut. Aber warum versuchst du anderen vorzuschreiben, wie sie das zu sehen haben? Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Ansichten, Wertvorstellungen und Motivationen. Nur mal beispielhaft, mein Schwiegergroßvater in spe ist jetzt 78 Jahre und arbeitet immer noch 6 Tage wöchentlich in seinem Unternehmen. Der hat mehr Geld verdient als er auf seine alten Tage noch ausgeben kann, aber seine Motivation war schon immer eine andere als der rein monetäre Ansatz: Das Unternehmen ist sein Lebenswerk. Das war es in den letzten 50 Jahren und wird es auch so lange sein wie es ihm möglich ist. Und solange wird er versuchen, dieses Unternehmen möglichst erfolgreich zu leiten und hohe Gewinne einzufahren.
Ein Bekannter hat in jungen Jahren ein Unternehmen gegründet, hat damit Unmengen an Geld verdient und ist geht jetzt auf die Ende 30 zu. Aus seinem Unternehmen, welches nach wie vor sehr gut läuft, hat er sich zurückgezogen. Was er jetzt macht? Er hat die nächste Firma auf den Weg gebracht, in die er genauso viel Energie investiert wie in die erste. Und so wird er es auch in 10 Jahren mit der nächsten Firma machen.